Berliner Zeitung vom 15.06.2010: Sprengsätze.Bastelanleitungen im Szenemagazin

von Andreas Kopietz

Wer es so richtig krachen lassen will, findet Bauanleitungen für Spreng- und Brandsätze neuerdings vor allem in linksextremistischen Broschüren. Sie heißen etwa "Interim" oder "Radikal". Ihnen gemeinsam ist, dass sie konspirativ hergestellt werden. Die Polizei versucht vergeblich, den Machern auf die Spur zu kommen. "Wir haben keine Ahnung, wer sie sind", gibt ein Polizeiermittler unumwunden zu.

Seit einigen Wochen beunruhigt eine neue Untergrund-Postille mit dem Namen "Prisma" die Sicherheitsbehörden. Prisma steht für "Prima Radikales Info Sammelsurium Militanter Aktionen". Auf den 80 Seiten wird erklärt, wie Brandsätze mit Zeitzündern gebaut, Straßen blockiert und Strommasten umgesägt werden. Das Heft wurde bei einer Razzia Ende April in Berlin entdeckt. Der Sabotage-Leitfaden enthält außerdem Tipps, wie man keine Spuren hinterlässt und Polizisten abschüttelt. In vier Läden in Kreuzberg und einem in Prenzlauer Berg hatten Polizisten eigentlich nach Exemplaren der "Interim" gesucht, deren Ausgabe vom 16. April eine Anleitung für einen "sicheren" Molotowcocktail enthielt.

Einen gerichtlichen Beschlagnahmebeschluss und eine Razzia in verschiedenen Szeneläden hatte es schon Ende vergangenen Jahres gegeben, nachdem die "Interim" eine Bauanleitung für einen aus Campinggas-Kartuschen hergestellten Sprengsatz namens "Gasaki" gebracht hatte. Nur ein Bruchteil der Auflage konnte eingesammelt werden. So war es wenig später auch im Fall der "Radikal", die nach einigen Jahren Pause das erste Mal wieder von Unbekannten aufgelegt wurde.

Mit den Bastelanleitungen lebt etwas auf, das die Polizei eigentlich als vergangen ansah: Schon in den 70er Jahren gab es in der militanten Szene Anleitungen für die Herstellung von Sprengstoff. Eine davon hieß "Anarchistisches Kochbuch".

Dass der Sprengsatz vom Sonnabend einer der veröffentlichten Bauanleitungen entstammte, glaubt die Polizei bisher nicht.